Diana Krall in StuttgartZeitreise durch die Geschichte des Jazz
Von Frank Armbruster 08. Oktober 2015 - 17:05 Uhr
Diana Krall hat im Stuttgarter Beethovensaal gesungen. Wer sie vor allem von ihren Platten kennt, wird live positiv überrascht.
Krall bei einem Auftritt vor zwei Jahren in Stuttgart. Beim Konzert am Mittwoch waren der StZ aktuelle Aufnahmen aus juristischen Gründen nicht möglich.Foto: 7aktuell.de/Gerlach
Stuttgart - Wer Diana Krall nur von Platten kennt, kann leicht ein falsches Bild von ihr bekommen. Auf ihren Covers posiert die Blondine schon mal in Dessous, auch sind viele ihrer Aufnahmen von Jazzklassikern mit reichlich Streicherfett auf den Geschmack eines breiten Publikums getrimmt worden. Sie weiß eben, wie das Geschäft funktioniert. Aber das ist nur die eine Seite.
Denn auf der Bühne zeigt sich die andere, echte Diana Krall. Keine Diva, keine Showlady, sondern eine sympathische, casual gekleidete Frau, die ihr Handwerk von der Pike auf gelernt hat: Zwanzig Jahre jobbte sie als Barpianistin, ehe sie als Musikerin erste Erfolge hatte. Nun hat sie zusammen mit ihrer erlesenen Band das Publikum im voll besetzten Beethovensaal zwei Stunden lang auf eine Zeitreise durch die Jazz-und Popgeschichte mitgenommen.
Der mit Röhrenradios und historischen Mikrofonen etwas künstlich auf Retro dekorierte Saal deutete schon optisch an, dass es nicht um neue Songs gehen würde, und so begann das Konzert mit Harry Woods’ „We just couldn’t say goodbye“ aus ihrer CD „Glad Rag Doll“: einem typischen Dreißigerjahre-Song mit Stride-Piano Elementen, mit dem Diana Krall ihre zunächst etwas heiser klingende Stimme auf Betriebstemperatur brachte.
Die Musiker haben viel drauf
Der Gitarrist Anthony Wilson und der Geiger Stuart Duncan deuteten mit feinen Soli schon mal ihre Klasse an – was sie wirklich drauf haben, sollten sie später zeigen. Zunächst ging es aber mit einigen Jazzklassikern weiter. Darunter viele Stücke von Nat King Cole, wie etwa „You call it Madness“ oder „Sunny Side of the Street“, von Diana Krall etwas distanziert und mit einem gewissen Understatement, aber mitnichten ohne Gefühl gesungen.
Die Auswahl der Songs erschien zunächst willkürlich, offenbarte dann im Laufe des Abends aber eine ausgeklügelte, den Spannungsbogen wahrende Dramaturgie. Dazu gehörte ein von einer (überflüssigen) Mondprojektion auf den Bühnenhintergrund garniertes Mond-Medley, (mit „Fly me to the Moon“ ), eine sehr schöne Adaption von Bob Dylans „Wallflower“ und einige stilistische Solitäre wie Tom Waits’ „Tempation“: Hier wechselte nicht nur Diana Krall vom Steinway zum Fender Rhodes und zurück, auch ihre Musiker machten aus dem Stück eine Demonstration stilistisch versierten Improvisierens auf großartigem Niveau. Das Publikum war am Ende begeistert, der halbstündige Zugabenblock zeigte noch mal alle Facetten von Diana Kralls Kunst: mit einem sehr atmosphärischen „Boulevard of broken Dreams“ und „Deed I do“ als Schlusspunkt – einem Song von 1926, mit dem sich der Kreis zum ersten Stück des Abends schloss.
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