Düsseldorf
Umwerfend lässig: Jazz mit Diana Krall
Diana Krall bei ihrem Auftritt in Düsseldorf.FOTO: Steingießer
Ein Mauerblümchen ist sie ganz gewiss nicht, die attraktive kanadische Jazzsängerin und -pianistin Diana Krall. Obwohl auf den Tickets und Plakaten zu ihrer Welttournee, deren Deutschland-Zweig in Düsseldorf startete, zu lesen ist: "Diana Krall - Wallflower World Tour". Der Titel "Wallflower" (Mauerblümchen), nach dem sie auch ihr aktuelles Album benannt hat, stammt von einem wenig bekannten Bob-Dylan-Song. ",Wallflower' ist keine weitere Platte mit Jazz-Standards oder mit Jazz-Versionen von Popsongs", hatte die zweifache Grammy-Preisträgerin beim Erscheinen des Albums klargestellt. "Es ist definitiv Pop, kein Jazz!" Tatsächlich widmet sich die Sängerin, die von den Lesern des amerikanischen Magazins "Down Beat" achtmal in Folge zur besten Jazz-Vokalistin des Jahres gewählt worden ist, auf dieser CD der Interpretation von Popsongs aus den 60er bis 80er Jahren. Produzent David Foster nimmt ihr dabei meist das Klavierspiel ab, stellt Kralls Stimme in den Vordergrund und glättet Ecken und Kanten der Songs mit Streicherklängen.
Nichts davon allerdings im Konzert. Im Gegenteil. Gerade den Popsongs des neuen Albums, von denen sie nur drei am ganzen Abend spielte, schien Diana Krall in der Mitsubishi Electric Halle die Rolle von Mauerblümchen zuzuweisen. Sie betrat die Bühne, setzte sich an den Flügel und wagte einen kühnen Zeitsprung. Ihre fünfköpfige Band (inklusive Geige und Hammondorgel) und sie spulten die Musikgeschichte noch um ein halbes Jahrhundert weiter zurück. Drei Songs aus den 20er und 30er Jahren, die Krall als Kind durch die Schellackplatten ihres Vaters kennengelernt und die sie auf ihrem letzten Album "Glad Rag Doll" in eigenen Versionen vorgestellt hatte, präsentierte sie stilsicher mit Ragtime und Stride-Piano-Anklängen. Passend dazu erschienen auf der Leinwand hinter den Musikern bewegte Bilder aus der Frühzeit der Kinematografie.
Nostalgisch auch die Bühnendekoration mit historischen Radiogeräten, die geheimnisvoll von innen leuchteten. "Ich liebe das Radio", gestand Krall. "Man sitzt davor und weiß nie, was es spielt." Sie dagegen ließ das Publikum manchmal Musikwünsche äußern und reagierte darauf ganz nach Belieben, zitierte mit leichter Hand den Balladenstil von Nat King Cole oder die perlenden Piano-Verzierungen Oscar Petersons. Scheinbar schüchtern und ein wenig nuschelnd plauderte sie mit dem Publikum. Doch was beim Sprechen nachlässig wirkt, entpuppt sich beim Singen als umwerfend lässig und macht ihre ungekünstelte, leicht angeraute Altstimme noch cooler. Dass Diana Krall auf die Band auch verzichten kann, weil ihr Gesang und ihr Klavierspiel perfekt ineinandergreifen, bewies sie in einem Solo-Set.
Doch man täusche sich nicht: Hinter der lockeren Darbietung stecken ausgeklügelte Arrangements. Etwa bei "Temptation" von Tom Waits, dem dramaturgischen Höhepunkt des Konzertes, in das die Band eine Rundreise durch die Geschichte der populären Musik des 20. Jahrhunderts einschrieb, inklusive einer Reprise im Walzertakt. Diana Krall, die hier zwischen Flügel und Fender Rhodes wechselte und nebenbei ein paar Takte von "Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt" zitierte, zeigte alle Facetten ihres Gesangs, zwischen kraftvoll fordernd und lasziv gehaucht.
Als sie "Temptation" vor mehr als zehn Jahren auf CD veröffentlichte, sagte Diana Krall: "Zuallererst bin ich eine Jazzsängerin. Ob ich nun einen Song von Cole Porter spiele oder einen von einem anderen großartigen amerikanischen Songwriter, Tom Waits. Es muss swingen." Wie gut, dass sie dabei geblieben ist.
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